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Tierseuchenallgemeinverfügung

Verbot der Impfung gegen das bovine Virusdiarrhoe-Virus

 

Der Landkreis Oberspreewald-Lausitz, vertreten durch den Landrat, Amt für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Landwirtschaft, SG Veterinärwesen ordnet Folgendes an:

 

1. Ab dem 01.04.2021 gilt ein grundsätzliches Impfverbot gegen das Bovine Virusdiarrhoe-Virus (BVDV).
 

2. Ausnahmen sind schriftlich beim Amt für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Landwirtschaft zu beantragen.
 

3. Ausnahmen können gewährt werden für

a. Exporttiere, wenn die Tiergesundheitsanforderungen des Bestimmungslandes eine Impfung gegen BVDV beinhalten,

b. Tiere des betroffenen Bestandes im Falle eines BVD-Ausbruchs, wenn diese dem Schutz des Fötus vor der BVD-Infektion gewährleistet und die Anforderungen nach Anhang IV Teil VI Kapitel 2 Abschnitt2 Nummer 2 der VO (EU) 2020/689 eingehalten werden oder

c. Rinderhaltungen, bei denen aufgrund der betrieblichen epidemiologischen Situation eine Impfung gegen BVDV zwingend notwendig ist.
 

4. Die Tierseuchenallgemeinverfügung tritt am Tag nach Ihrer Bekanntmachung in Kraft.

 

Begründung

 

1. Sachverhalt

 

Die Bekämpfung der BVDV-Infektion hat zu einem kontinuierlichen Rückgang der Zahl BVDV-infizierten Rinderbestände im Land Brandenburg geführt. Das letzte persistent infizierte Tier wurde im September 2019 aus dem betroffenen Rinderbestand entfernt.

Damit ist die Tilgung dieser Tierseuche im Land Brandenburg im März 2021 abgeschlossen. Die Anerkennung des gesamten Landes Brandenburg als BVDV-seuchenfreie Region im Sinne des Art. 36 der Verordnung (EU) Nr. 2016/429 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.März 2016 ist beantragt worden.

Eine Voraussetzung für die Gewährung des Status „Frei von Boviner Virusdiarrhoe“ ist das Verbot der Impfung gegen BVDV für gehaltene Rinder. Rinderhaltende Betriebe können Ihren Status „Frei von BVD“ nur aufrechterhalten, wenn in dem Betrieb kein Rind gegen BVDV geimpft wird.

 

BVD ist eine anzeigepflichtige Rinderkrankheit, die zu den verlustreichsten Virusinfektionen zählt, durch das sogenannte Pestivirus ausgelöst wird und deshalb mit staatlichen Mitteln bekämpft wird.

Meist breitet sich die Infektion unbemerkt im Bestand aus, weil anfänglich keine oder leichte Krankheitssymptome wie Nasenausfluss, Atemwegserkrankungen und Durchfall oder auch nur eine unspezifische Leistungsdepression zu beobachten sind.

 

Die Infektion während der Trächtigkeit verursacht allerdings hohe wirtschaftliche Schäden und wird meist erst nach Monaten in aller Deutlichkeit erkennbar. Hauptverbreiter dieses Virus sind die sogenannten Virämiker oder auch PI-Tiere, wobei PI für persistent, also dauerhaft, infiziert, steht. Das sind Tiere, die sich in der für das heranwachsende Immunsystem kritischen Phase der Trächtigkeit, d.h. etwa vom 26. bis 150. Trächtigkeitstag, im Mutterleib angesteckt haben, die Infektion überlebten und das Virus nun für eine körpereigene Struktur halten. Das Immunsystem dieser Tiere kann deshalb das BVD-Virus nicht bekämpfen. Es ist nicht in der Lage, das Virus beispielsweise durch Bildung von Antikörpern zu eliminieren. Diese persistent infizierten Kälber tragen also zeitlebens BVD-Virus in sich und scheiden es auch aus.

 

Das früher beschriebene typische Kümmern dieser Tiere, verbunden mit vorzeitigem Verenden an Erkrankungen wie Lungenentzündung oder Durchfall oder auch an der Sonderform der BVD, der Mucosal Disease (MD), einem blutigen Durchfall infolge irreversibler Auflösung der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes, ist mit den Jahren immer unspezifischer geworden.

 

Einmal ausgeschiedenes BVD-Virus kann übrigens sehr leicht durch belebte (Menschen, andere Tiere) und unbelebte Faktoren (Geräte, Transporter etc.) über den Kot verschleppt werden. Für die Bekämpfung von BVD und die Sanierung in den Rinderbständen ist es entscheidend, die Virämiker in der Rinderherde so früh wie möglich zu erkennen und dann zu entfernen, um Neuinfektionen durch die Virusstreuung des virämischen (persistent infizierten) Tieres zu verhindern. Aus diesem Grund besteht in Deutschland eine Untersuchungspflicht neugeborener Kälber auf das BVDV.

 

2. Rechtliche Würdigung

 

Das Amt für Veterinärwesen, Lebensmittelüberwachung und Landwirtschaft des Landkreises Oberspreewald-Lausitz ist nach § 1 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes die sachlich und örtlich zuständige Behörde und nach § 5 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes für den Erlass dieser Tierseuchenallgemeinverfügung zuständig.

 

Die angeordneten Maßnahmen ergeben sich aus § 2 Absatz 1 Nummer 2 der BVD-Verordnung in Verbindung mit § 13 Ordnungsbehördengesetz des Landes Brandenburg.

 

Die sofortige Vollziehung gilt gemäß § 37 Satz 1 Nummer 4 Tiergesundheitsgesetz.

 

Die sofortige Vollziehung ist geboten, da durch die Einschleppung von Tierseuchen eine erhebliche Gefährdung der Allgemeinheit ausgeht. Das Einzelinteresse, durch einen Widerspruch die Wirkung der Anordnung vorübergehend auszusetzen, ist dagegen geringer zu bewerten. Vor diesem Hintergrund müssen private sowie wirtschaftliche Interessen der einzelnen Tierhalter oder Tierärzte und somit auch das Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines erhobenen Widerspruchs vor dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen und unmittelbar greifenden Seuchenvorbeugung für alle Rinderbestände des Landes Brandenburg zurückstehen.

 

In Anbetracht des erreichten Standes der Tilgung der BVD (Bovine Virus Diarrhoe) im Land Brandenburg ist eine Fortführung der Impfung nicht mehr gerechtfertigt. Die mit einer Impfung verbundene Unsicherheit in Bezug auf den Nachweis der Virusfreiheit stellt bei der Vielzahl der Kontaktmöglichkeiten im Rinderhandel ein nicht vertretbares Risiko für die BVDV-freie Rinderpopulation des Landes dar.

 

Zur Vermeidung unbilliger Härte gibt es eng begrenzte Ausnahmemöglichkeiten unter Berücksichtigung von Belangen der Tierseuchenbekämpfung.

 

Auf der Grundlage von § 41 Abs. 4 Satz 4, § 43 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz kann als Zeitpunkt der Bekanntgabe und damit des Inkrafttretens einer Allgemeinverfügung der Tag, der auf die Bekanntmachung folgt, festgelegt werden.

 

 

Rechtsbehelfsbelehrung

 

Gegen diese Tierseuchenallgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Landrat des Landkreises Oberspreewald-Lausitz, Dubinaweg 1, 01968 Senftenberg schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen.

Der Widerspruch hat gemäß § 37 Tiergesundheitsgesetz keine aufschiebende Wirkung. Daher sind die in der Allgemeinverfügung benannten Verpflichtungen unverzüglich zu befolgen, auch wenn der Widerspruch frist- und formgerecht eingelegt wurde.

 

Hinweise

Ein Verstoß gegen die Tierseuchenallgemeinverfügung stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße bis zu 30.000,00 Euro geahndet werden, § 6 Nr. 1 iVm. § 2 Abs. 1 BVDV-Verordnung iVm. § 32 Abs. 3 TierGesG.

 

 

Senftenberg, den 09.03.2021

Im Auftrag

 

 

DVM Jörg Wachtel

Amtstierarzt