Mediziner warnen: Behandlungen aus Angst vor Corona nicht aufschieben
Senftenberg. Bereits im April warnte die Fachgesellschaft für Gefäßmedizin (DGA) vor einer Zunahme von Amputationen, wenn als Folge der Corona-Pandemie notwendige Behandlungen aufgeschoben werden. Im Gefäßzentrum Niederlausitz am Krankenhausstandort Senftenberg des Klinikums Niederlausitz bestätigt Chefarzt Tom Hammermüller nun diese Befürchtung. Er appelliert: Patienten sollten keinesfalls aus Angst vor einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 gefäßmedizinische Untersuchungen aufschieben.
„Erst kürzlich haben sich mir mehrere Patienten mit akuten Beschwerden vorgestellt, bei denen wir eher heute als morgen eine Gefäßerweiterung durchführen müssten. Sie haben den Krankenhausaufenthalt aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus abgelehnt. Ich befürchte nun Gefäßverschlüsse mit gravierenden Folgen – obwohl wir ihnen helfen könnten“, zeigt sich Gefäßmediziner Tom Hammermüller betroffen. Diese Besorgnis teilt der Facharzt für Chirurgie und Facharzt für Gefäßchirurgie mit vielen Kollegen, die ihm auf der Jahrestagung der Berliner Chirurgischen Gesellschaft am 3. und 4. September 2020 in Berlin ähnliche Erfahrungen berichteten.
Gefäßerkrankungen müssen engmaschig kontrolliert werden
Viele Patienten mit Gefäßerkrankungen wie Arteriosklerose, also Gefäßverkalkung, oder der peripher-artiellen Verschlusskrankheit, einer Durchblutungsstörung der Beine, gehören zu der sogenannten Risikogruppe. Eine Infektion mit dem Corona-Virus verläuft bei ihnen statistisch gesehen schwerer als bei jüngeren und gesünderen Menschen – die Angst vor Ansteckung ist dementsprechend groß.
Allerdings müssen Gefäßerkrankungen engmaschig kontrolliert werden, denn Durchblutungsstörungen können zum Absterben von Gewebe und im schlimmsten Fall zur Amputation führen. Ablagerungen in Herzkranzgefäßen können einen Herzinfarkt auslösen. Wandert der Gefäßverschluss ins Gehirn, droht ein Schlaganfall. „Eine verkalkte Hauptschlagader wieder durchlässig zu machen, ist ein risikoarmer Routineeingriff. Doch viele Patienten kommen nun erst, wenn sie ihre Beschwerden gar nicht mehr aushalten – und damit zu spät. Es ist tragisch ein Bein abnehmen zu müssen, das wir hätten rettten können“, schildert Tom Hammermüller den Ernst der Lage.
Im Notfall nicht zögern
Die Erfahrungen des Gefäßmediziners decken sich mit denen von Kollegen aus anderen Fachbereichen des Klinikums Niederlausitz. „Bei kardiologischen Beschwerden – also z.B. Symptomen wie Brustschmerz oder Luftnot – muss schnellstmöglich die Notaufnahme aufgesucht werden. Bei Nicht-Behandlung ist das Risiko einer Herzinsuffizienz weit größer als das Risiko, sich mit Corona anzustecken“, appelliert auch Priv.-Doz. Dr. Torsten K. Röpke, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin/Kardiologie in Senftenberg. Bei Notfallvorstellungen sind Patienten mittlerweile häufiger in schlechterer Verfassung als noch Anfang des Jahres.
„Die Infektionsgefahr im Klinikum Niederlausitz ist geringer als in jedem Supermarkt: Wir treffen neben den üblichen Hygieneregeln viele weitere Schutzmaßnahmen wie Isolierstationen, getrennte Patientenströme, konsequente Mundschutzplicht oder strikte Besuchsregeln. Beim leisesten Verdacht testen wir Patienten in unserem hauseigenen Labor auf SARS-CoV-2. Das Ergebnis liegt dann innerhalb weniger Stunden vor“, entkräftet Hammermüller die Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus im Krankenhaus.
Besuchsregelungen im Klinikum Niederlausitz schützen vor Infektionen
Besuche sind im Klinikum Niederlausitz unter Auflagen möglich, um die Patienten effektiv vor Ansteckungen mit SARS-CoV-2 zu schützen. Jeder Patient kann zwei Besuchspersonen angeben und von einem der beiden einmal pro Tag zwischen 15:00 und 17:00 Uhr für 30 Minuten Besuch empfangen. In Ausnahmefällen – zum Beispiel bei schwerstkranken Patienten auf der Intensivstation – werden diese Regeln auf ärztliche Empfehlung angepasst.
Besuchskoordinatoren begrüßen die Besucher im Haus und informieren zu den geltenden Hygieneregeln. In den Krankenhäusern in Senftenberg und Lauchhammer besteht Mundschutzpflicht, beim Betreten müssen die Hände desinfiziert werden und beim Aufenthalt im Haus ist der Mindestabstand von 1,5 Metern einzuhalten. Das Betreten mit Erkältungsanzeichen, akutem Geruchs- oder Geschmacksverlust oder Durchfall ist nicht gestattet.
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Kristin Dolk
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