Untere Naturschutzbehörde gibt grünes Licht für Sprengung vom Kraftwerk Vetschau

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 Ausnahmeerlaubnis unterliegt strengen Auflagen zur Sicherung vom Artenschutz

 

 

Jetzt ist es offiziell: Das Werk IV am Standort ehemaliges Kraftwerk Vetschau darf am kommenden Sonntag, den 26. Mai, gesprengt werden. Nachdem das bereits für Ende April geplante Vorhaben nach Bekanntwerden von Artenschutzbelangen gestoppt wurde, erteilte die untere Naturschutzbehörde des Landkreises Oberspreewald-Lausitz einem erneuten Antrag durch die Walter Schmidt Chemie GmbH gestern nunmehr die Genehmigung. Die Erlaubnis ist an strenge Bedingungen und Auflagen geknüpft.

 

Bei der Entscheidungsfindung galt es, artenschutzrechtliche Verbotstatbestände sowie öffentliches und wirtschaftliches Interesse bestmöglich gegeneinander abzuwägen und eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden. „Wie ein Gutachten zeigt, stehen einem Abriss des Bauwerkes ganzjährig artenschutzrechtliche Verbotsbestände des § 44 Bundesnaturschutzgesetz entgegen. Die geplante Sprengung Ende Mai durchzuführen, ist nach Prüfung aller Erkenntnisse aus Sicht des Artenschutzes die am ehesten vertretbare Lösung“, erklärt Bernd König, Amtsleiter für Umwelt und Bauaufsicht.

 

Ein Gutachten, welches als Folge einer Vor-Ort-Begehung am Werk IV Anfang März durch die Walter Schmidt-Chemie GmbH in Auftrag gegeben wurde und der unteren Naturschutzbehörde seit dem 12. Mai vorliegt, galt als wesentliche Grundlage für die Entscheidungsfindung. Im Ergebnis war festzustellen, dass neben dem Brutplatz des Wanderfalken, welcher in Ostdeutschland erst seit den 90er Jahren wieder angesiedelt ist, auch Brutplätze des Turmfalken, vom Hausrotschwanz und der Ringeltaube vom Abriss betroffen sind. „Für uns alle unerwartet waren die Ergebnisse zu den in der Ruine überwinternden Fledermäusen. Gleichzeitig gab es Hinweise, die auf eine Nutzung als Sommerquartiere, Wochenstuben und Zwischenquartiere durch Fledermäuse deuteten“, erklärt Jentsch von der unteren Naturschutzbehörde.

 

Die Bearbeiter des Artenschutzfachbeitrages hatten gleichzeitig die Aufgabe, Vermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen für die betroffenen Arten vorzuschlagen und auf ihre Durchführbarkeit zu prüfen. Mit der Erteilung der Ausnahmegenehmigung verpflichtet sich die Walter Schmidt Chemie GmbH, die Kosten für die vorgeschlagenen Maßnahmen zu tragen. Im Rahmen einer ökologischen Abrissbegleitung gilt es nunmehr, zum gesetzesmäßig vorgeschriebenen Schutz der bedrohten Tierarten folgende Maßnahmen schnellstmöglich praktisch umzusetzen:

 

Wanderfalke:

Der Wanderfalke unterliegt einem besonders hohen Schutzstatus. Ein Elternpaar mit drei Jungtieren lebt momentan in der Kraftwerksruine. In Brandenburg läuft seit einigen Jahren ein Wiederansiedlungsprogramm für baumbrütende Wanderfalken. Zu diesem Zweck werden junge Wanderfalken gezielt ausgehorstet und auf Baumnestern großgezogen. Da der Standort im Kraftwerk Vetschau eine Gebäudebrut ist, bei der es in den vergangenen beiden Jahren stets zu Verlusten durch vom Brutplatz herabfallende Jungtiere kam, war eine Entnahme der Anfang Mai geschlüpften Jungtiere, unabhängig von der Sprengung, bereits vorgesehen. Ende Mai ist mit der Entnahme der Jungtiere die Brut für dieses Jahr beendet, der Wanderfalke ist folglich nicht mehr von der Sprengung betroffen.

 

Turmfalke:

Fünf  Paare haben in diesem Jahr ihren Brutplatz in der Ruine gewählt. Gerechnet wird mit etwa 30 Eiern, die durch einen Industriekletterer entnommen und anschließend in eine Brutmaschine überführt werden. Die Jungfalken werden bei anderen Turmfalkenbruten im weiteren Umfeld von Vetschau zugesetzt.

 

Ringeltaube/Hausrotschwanz:

Bei den Nestern werden Vergrämungsmaßnahmen von der Nestentfernung vor Legebeginn bis zur Entnahme von Eiern vorgenommen. Die Eier werden geborgen und anderen Nestern untergelegt. Praktisch ist dies nur zu Beginn der Brutzeit im Mai umzusetzen.

 

Fledermäuse:      

Acht Fledermausarten wurden im Rahmen der Bestanderfassung gezählt. Die Fledermäuse haben Mitte April die Ruine als Winterquartier verlassen. Gegenwärtig liegt der geringste Besatz an Fledermäusen im Jahr vor, es befinden sich nur Einzeltiere vor Ort. Durch Detektorbegehungen mit Ultraschall soll eine ständige Kontrolle der Anwesenheit erreicht werden und gleichzeitig durch Netzfang und Besenderung die Quartiere ermittelt werden. Von dort müssen die Fledermäuse entnommen und nach dem Sprengtermin wieder freigelassen werden.

 

Als zusätzliche Ausgleichmaßnahmen werden Nisthilfen für Wanderfalke und Turmfalke in der Umgebung angebracht. Als Ersatz für das mit dem Abriss zerstörte Winterquartier errichtet die Walter Schmidt-Chemie GmbH auf dem angrenzenden Betriebsgelände bis zum 31. August 2013 einen Fledermauskeller in einer Größe von etwa 80 Kubikmetern. 

 

Der Antrag auf Ausnahme oder Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten zum Sprengtermin am 26. Mai liegt der unteren Naturschutzbehörde seitens des Vorhabenträgers seit dem 29. April vor. Wäre die Genehmigung zum Abriss erneut nicht erteilt worden, so die Begründung der Walter Schmidt Chemie GmbH, sehe sich das Unternehmen mit wirtschaftlichen Einbußen in Millionenhöhe konfrontiert: „Wir reden in diesem Fall von wirtschaftlichen Verlusten in Höhe von bis zu zwei Millionen Euro, die dem Antragsteller entstanden wären. Hinzu kommen gefährdete Fördermittelzusagen in Höhe von 1,338 Millionen Euro. Außerdem war mit Gewerbesteuerverlusten für die Stadt Vetschau und damit verbunden dem Scheitern der geplanten Produktionserweiterung am Standort Vetschau zu rechnen“, erklärt Bernd König.

„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde haben die vorgeschlagenen Vermeidungs- und Ausgleichmaßnahmen hinsichtlich eines bestmöglichen Erhaltungszustandes der betroffenen Tierpopulationen sorgfältig geprüft. Unter der Bedingung der strengen Einhaltung der genannten Maßnahmen haben wir nunmehr die Genehmigung zur Sprengung am kommenden Sonntag erteilt.“ Laut Bernd König stellt dieser Termin den geringstmöglichen Eingriff in den Artenschutz dar und ist auch aus unternehmerischer Sicht die beste Lösung.

 

 

 Foto: Die Brutplätze befinden sich auf den Kranbahnpfeilern im ehemaligen Kraftwerk Vetschau. Der Einflug in die Halle erfolgt durch defekte Fenster. – Foto: S. Herold (20.05.2011)

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